Vor Pfingsten war
In die Kleinstädte Nord-Italiens einzutauchen ist faszinierend. Es ist weiterhin Europa.
Das Mindset der Menschen gleicht dem unsrigen. Und dennoch verändert sich bei Begegnungen
die Perspektive des Betrachters auf
die Welt. Aber genau deshalb ist ja bereits Goethe auf seine berühmte Italienreise gegangen.
Mit dem Rad an touristische Zentren vorbei zu fahren, um danach im Hinterland trotz einer postfaschistischen
Regierung auf viel Neugier auf einen Austausch mit europäischen Freunden aus den Norden zu treffen,
Menschen kennenzulernen, die ihren eigenen europäischen Traum mittels temporärer Arbeitsmigration
realisieren konnten, Italiener:innen zu begegnen, die nach einer Sturm & Drang Periode in London oder
New York ihr Glück am Lago d’Iseo bzw. in den Weiten der Lombardei gefunden haben, ist in der
aktuell zerrissenen Gegenwart ein besonderes
Geschenk. Ob dies auch der analytischen Qualität der
Preisaufschläge überall
In der Pfingstwoche schafften es zwei Ereignisse in die breitere Medienlandschaft:
- Das Comeback einiger Meme-Stocks.
Es genügte ein einziger Post von einem der maßgeblichen Treiber der Memestocks während der Corona-Epidemie, um die Gamestop-Aktie von etwa 12 $ auf in der Spitze 85 $ zu hieven. Auch andere Aktien von damals wurden spekulativ gepusht: AMC, Blackberry und Koss beispielsweise. Gamestop nutzte dies sofort für eine Kapitalerhöhung.
- Der Dow Jones Industrials überwindet die Marke von 40.000 Punkten.
Hier flackert sogar der Titelzeilenindikator: Kaum eine Nachrichtensendung lies dieses Ereignis aus.
Weniger prominent sind andere Höchststände:
- Gold handelt erstmals überhaupt über 2.400 $ pro Unze
- Silber kostet mehr als 30 $ pro Feinunze
- Kupfer bildete ein neues Alltimehigh aus
- Öl (WTI) kostet mehr als 80 $ pro Barel
- Die Rallye bei Kakao nimmt ebenfalls kein Ende
In diesem Umfeld fällt kaum ins Gewicht, dass Käse in den USA deutlich preiswerter geworden ist. Hier ist die nachlassende Sorge vor einer weiteren Ausbreitung der Vogelgrippe auf Säugetiere die Hauptursache.
Damit nimmt das im letzten Wochenbericht postulierte Szenario eines trendfolgenden »Kaufsignals zur Unzeit« Gestalt an. Üblicherweise nimmt das Handelsvolumen an den Aktienmärkten nach Pfingsten schnell ab. Nachhaltige Trends sind im Sommerhandel die Ausnahme. Auch die wiedererwachte Spekulation auf eigentlich dem Untergang geweihte Aktientitel spricht für die Ausbildung eines handfesten Fehlsignals.
Der europäische Aktien-Leitindex Eurostoxx 50 handelte in der Berichtswoche temporär oberhalb der Marke von 5100, schloss aber am kleinen Verfallstag am Freitag deutlich niedriger. Die Volatilitäta(VStoxx) ist mit 12 Prozent auf einem Jahrestief. Die implizite Volatilität von Index-Optionen mit einem Monat Laufzeit zeigt mit 10,5 Prozent extreme Sorglosigkeit der Marktteilnehmer an. Zeitgleich sind Fondsmanager »All-In«, die Cash-Quote beträgt gemäß der monatlichen Befragung von Fondsmanagerm durch die Bank of America durchschnittlich nur noch vier Prozent.
Im Zuge der Rallye seit Oktober 2023 ist bereits sehr viel Kapital in die Märkte geflossen. Für weiter steigende Notierungen muss eine neue Kapitalquelle aufgetan bzw. ein neues «Thema« entdeckt werden. Das bislang beherrschende Thema »AI« ist weitgehend ausgelutscht. Der Preisverlauf der Microsoft-Aktie zeigt dies exemplarisch.
Im Bereich Kommerzialisierung von AI ist Microsoft das führende Unternehmen. In rascher Abfolge führt das Unternehmen ein, was vor einigen Monaten angekündigt wurde. Das ist für die Kunden ein Gewinn und generiert die kalkulierten Ertragsströme, ist für die Finanzmärkte aber ein Non-Event. In der vergangenen Woche kündigten Google und OpenAI deutliche Verbesserungen bei ihren Bildgeneratoren an. Die Marktpreise blieben trotz enthusiastischer Kommentare aus der Szene konstant.
Ein Blick nach Down Under
Die Rallye bei vielen Rohstoffen überträgt sich kaum in steigenden Preisen bei Minenwerten. BHP, ein Indexschwergewicht, investiert die Erträge in die feindliche Übernahme von Anglo American, der Chart von Rio Tinto ist ein Abbild des Gesamtindex, Fortescue handelt etwa 10 Prozent unter dem Jahreshoch im Februar und an vielen kleinen Minenwerte geht die allgemeine Aktienmarktrallye vollständig vorbei.
Insgesamt ist die Korrelation des ASX mit dem EuroStoxx wegen der großen Gewichtung australischer Banken trotzdem sehr hoch. Die jüngste Aufwertung des Australdollar gegenüber dem Euro (linke Skala: EUR/AUD; sinkende Werte = Aufwertung des Australdollar) ist zwar der Rohstoff-Hausse zuzuschreiben. Die Bewertung der Währung ist jedoch wesentlich dem Zinsdifferenzial zuzuordnen. In Europa werden die Zinsen absehbar früher sinken als in Australien, folglich wertet der Euro ab.
Fazit: Die steigenden Rohstoffpreise setzen sich weder in steigende Notierungen für Minenwerte um noch bewirken sie eine substanzielle Aufwertung des Australdollar. Dies ist eine veritable Indikation für eine transiente Entwicklung bei Rohstoffen: Auch diese Rallye dürfte nicht nachhaltig sein.