BHP ist mit seiner Offerte gescheitert, Anglo American zu übernehmen. Dafür kauft
ConocoPhillips für 22,5 Mrd. $ den Konkurrenten Marathon Oil. Mit einem Paukenschlag vereinnahmt
Brookfield die französische Neoen und wird zu einem Keyplayer im Storage-Segment.
In den letzten Handelstagen im Mai reduzierten Marktteilnehmer ihre Risikopositionen.
Vorab gehypte Technologiewerte standen stark unter Druck. Insgesamt schwankten
Einzelwerte stark, ohne dass die Volatilität des Gesamtmarktes sich veränderte.
Brookfield und Temasek schnappen sich den Speicher-Pionier Neoen
Die subjektiv gewichtigste Meldung der Woche landete am Donnerstag im Postfach: Der kanadische Vermögensverwalter Brookfield und Temasek, der Staatsfonds aus Singapore, bieten 6,6 Mrd. Euro für die französische Neoen.
In der jüngeren Vergangenheit hatte sich Neoen immer mehr auf den Betrieb von Großspeichern konzentriert. Es ist in Australien zum wichtigsten Player im dynamischen Storage-Sektor geworden. Dort ersetzt man Kohlekraftwerke durch Solar- und Windparks. Australien stabilisiert sein Netz nicht durch Gaskraftwerke sondern mit dezentralen Batteriespeichern. Bis 2026 gehen fünf Speicher mit einer Gesamtleistung von 1,7 GW ans Netz. Diese springen ein, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt. Sie sind für Pufferzeiten von 2 bis 5 Stunden konzipiert.
Für Neoen bedeutet die Übernahme das Ende der liquiditätsbedingten Wachstumsbeschränkungen. Die Notierung der Aktie kam immer wieder unter Druck, weil Zweifel an der Schuldentragfähigkeit des kleinen Unternehmens bestanden. Nun ist der Weg offen, den gigantischen US-Markt anzugehen. Auch dort ist das Lastmanagement des Verbundnetzes inzwischen der größte Engpass für den Ausbau erneuerbarer Energien.
Durch die Übernahme durch Brookfield wird Neoen quasi ein kanadisches Unternehmen. Dort werden aktuell Speicher mit 1,8 GW Leistung ausgeschrieben – eine hervorragende Ergänzung des Speicherportfolios für die Neoen. In Kanada ist Ontario Vorreiter. Dort werden über 50 Prozent des Stroms in Atommeilern erzeigt. Die dortigen Erfahrungen können 1:1 auf Frankreich übertragen werden, das seine Abhängigkeit von russischen Uranlieferungen reduzieren muss und dafür große Wind- und Solarparks ausschreibt.
Auch in Deutschland werden erste Batteriespeicher installiert. Die Abo Wind AG hat vor einem Monat eine Anleihe öffentlich platziert (WKN: A3829F). Das Papier hat eine Laufzeit von fünf Jahren und schüttet 7,75 % Zinsen aus. Ob es an der attraktiven Verzinsung oder am interessanten Geschäftsmodell liegt, dass die Anleihe bereits unmittelbar nach der Emission auf 105 % gestiegen ist? Fakt ist: Die Kombination aus Batteriespeicher und Solar- bzw. Windpark kann hervorragend mit Fremdkapital finanziert werden! Gemäß der Emissionspräsentation sieht das Management in der Kombination aus Pufferspeicher für den Energiepark und dem aktiven Stromhandel mit ungenutzten Reserven große ökonomische Potenziale. Dem stimmen einige Anleger offenbar zu.
Zum Monatsende: Sell in May
Rückblickend markierte der EuroStoxx Index am ersten April sein Jahreshoch.
Seitdem pendelt der Index in einer Tradingrange zwischen 5.100 und 4.900. Zum Monatswechsel April/Mai lotete der Index (ebenfalls rückblickend) die untere Begrenzung der Handelsspanne aus. Es folgte eine Erleichterungsrallye, die ab dem 20. Mai in eine zähe Korrektur überging. Aktuell notiert der Index irgendwo und richtungslos im Niemandsland der Tradingrange.
In der kommenden Woche entscheidet die EZB über eine Leitzinssenkung. Der Markt rechnet fest mit einer Senkung um 0,25 Prozent.
Irritierend ist in diesem Zusammenhang das Preisverhalten deutscher Staatsanleihen
Seit dem Jahreswechsel hat der Bund-Future beinah kontinuierlich insgesamt neun Punkte abgegeben. Der Abwärtstrend ist nicht auf die langen Laufzeiten beschränkt. Auch der Schatz-Future (dt. Staatsanleihen, 2 Jahre Laufzeit) kennt nur eine Richtung. Über alle Laufzeiten preisen die Rentenmärkte steigende Zinssätze ein!
Passend zur Marktentwicklung sinkt die gemessene Inflation im Mai in Deutschland wie auch in der Eurozone nicht mehr. Im Umkehrschluss ist das derzeitige Leitzinsniveau eher zu niedrig als zu hoch, ist die Geldpolitik der EZB aktuell nicht restriktiv genug. Eine Zinssenkung befeuert bei diesen Rahmenbedingungen die Inflation.
Eine dauerhaft hohe Inflation steht hohen Marktpreisen für Aktien entgegen.
In der abgelaufenen Woche korrigierten exponierte Einzeltitel ungewöhnlich stark. So war die
Dell-Aktie am Freitag ein Viertel weniger wert, als eine Woche zuvor. Auch Salesforce
und SAP wurden nachrichtenlos auffallend abverkauft: Sell in May
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Finanzkrise reloaded
Ein Commercial Mortgage-Backed Serurity
(CMBS), also ein Pool mit
Hypotheken, in diesem Falle nur einer Gewerbeimmobilie in New York, fällt aus. Selbst Käufer der
sichersten Tranche (AAA) müssen 25 % ihrer Investments abschreiben. Das gesamte Kreditpaket hatte ein
Volumen von 300 Mio. $. Es wird durch das Gebäude 1750 Broadway
besichert.
Die Investoren von CMBS werden Gläubiger von Krediten, die ausschließlich durch den Wert der Gewerbeimmobilie besichert sind. Fällt – wie in diesem Fall – der Ankermieter aus, sinkt der Wert der Immobilie schlagartig. Den Krediten stehen keine adäquaten Sicherheiten entgegen, der Marktpreis sinkt entsprechend. Gläubiger müssen den Zeitwert der Derivate bilanzieren und sind aus regularischen Gründen oft gezwungen, die Positionen abzustoßen. Das führte in diesem Fall zu einer Kündigung des CMBS mit den oben zusammengefassten Konsequenzen.
Das CMBS-Marktsegment ist wieder stark gewachsen. In den USA sind CMBS im Wert von 700 Mrd. $ handelbar. In den Bilanzen der Banken schlummern zusätzlich Hypotheken für Gewerbeimmobilien im Umfang von 3 Billionen US-Dollar. Adam Tooze (Chartbook) zitiert Barclays, wonach 75 % aller Hypotheken auf Gewerbeimmobilien in Chicago nicht fristgemäß bedient werden. 2007 entwickelte sich genau aus dieser Gemengelage die Finanzkrise. Damals lösten Notverkäufe der Immobilienkreditderivate einen Kursrutsch in allen Assetklassen aus.