Die USA bereitet sich auf einen schmutzigen Lagerwahlkampf vor. Die politische Klasse
Deutschlands hofft auf ein Wunder im Osten, die Ampel-Koalition danach auf
eine anziehende Binnenkonjuktur.
Trügerische Ruhe auch an den Finanzmärkten.
Üblicherweise tritt Volatilität in Clustern auf. Nach dem Volatilitätsspike vor zwei
Wochen ist die Frage nicht ob, sondern
wann die Volatilität zurückkehrt.
Bei Einzeltiteln tun sich gerade interessante Stillhalteroppurtunitäten auf.
Seit ihrer Nominierung bot sich Kamala Harris als Projektionsfläche aller an, die mit einer erneuten Machtübernahme durch Donald Trump fremdeln. Frau Harris ritt geschickt auf dieser Popularitätswelle und zelebrierte die Hilflosigkeit der Trump-Kampagne. Am Freitag skizzierte Kamala Harris erste Details ihrer wirtschaftspolitischen Agenda für den Wahlkampf. In der kommenden Woche wird sie ihr Profil auf dem Nominierungsparteitag in Chicago schärfen. Dann liegen die Karten auf dem Tisch, die Reaktion der Republikaner ist absehbar.
Ihre bisherigen Äußerungen dürften an den Kapitalmärkten auf wenig Gegenliebe stoßen. Für us-amerikanische Verhältnisse stellte sie ein sehr linkes Programm vor
- Willkommensprämie für Neugeborene
- Baugeld für junge Familien
- Staatliche Unterstützung für StartUp’s
- Stärkung der Rechte von Gewerkschaften
- Preiskontrollen an monopolisierten Märkten
Großunternehmen sagt sie den Kampf an, wenn diese sich nicht an ihre Regeln halten. Hohe Gewinnmargen, die oft das Ergebnis verzerrter Märkte sind, will sie abschöpfen und/oder durch staatliche Maßnahmen reduzieren. Die Trump-Kampagne spitzt das Ergebnis der Rede Harris bereits plakativ zu: »Comrade Kamala had gone full communist by proposing fix prices for consumer goods.« (Genossin Kamala outete sich als waschechte Kommunistin, als sie Festpreise für Konsumgüter vorschlug.)
Damit sind alle Zutaten für einen Lagerwahlkampf aufgetischt: Die Harris-Kampagne bedient sich umfassend bei den Thesen des »Project 2025« der Heritage Foundation. Republikanische Wahlkämpfer treiben nach den jüngsten Äußerungen zur Ökonomie Frau Harris und Herrn Walz mit antikommunistischen Hetztiraden vor sich her.
Dazwischen ist nichts.
Der letzte
Der nun absehbare Lagerwahlkampf liefert divergente Kapitalmarktperspektiven. Es ist wahrscheinlich, dass Volatilität an die Finanzmärkte zurückkehrt.
Volatilitäts-Spikes sind ganz selten singuläre Ereignisse. Üblicherweise kehrt die Volatilität nach einer Phase der (scheinbaren) Beruhigung abgeschwächt
zurück. Die Marktpreise bilden dann ein zweites “Bein” aus. Erst dann ist der Weg frei für eine nachhaltige Marktberuhigung.
Die Perspektive eines intensiven Lagerwahlkampfes bildet ein ideales Setup für dieses Szenario.
Die Aktienmärkte in Europa und den USA korrelieren aktuell sehr stark. Das Chartbild der Abb. 1 kann 1:1 auf Europa übertragen werden. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unterscheiden sich aber stark. In der vergangenen Woche lieferte der ZEW-Index eine »kalte Dusche«
Unabhängig davon, wie die US-Präsidentschaftswahlen ausgehen, sind die Handelsperspektiven für europäische Exporteure bescheiden. Frau Harris wird bei den Demokraten dem Lager der »Neoisolationisten« zugerechnet. Ihre Handelspolitik dürfte sich nur in Nuancen von der eines MAGA-Präsidenten unterscheiden. In Europa setzt sich Austerität fest. Das steht einer dynamischen Ausweitung des innereuropäischen Handelsvolumens entgegen. Perspektivisch sollte der EuroStoxx deshalb underperformen.
Das Marktumfeld spricht weniger für einen strategischen Positionsaufbau. Der vermutlich knappe Wahlausgang in den USA verursacht absehbar Unwägbarkeiten. Europa ist nach den Wahlen insgesamt geschwächt. Fiskalische Impulse versiegen und Exportmärkte sind wenig berechenbar.
Das ist ein gutes Umfeld für Stillhalterstrategien. Es würde nicht überraschen, wenn der plötzliche Volatilitätseinbruch in der vergangenen Woche der neuen Attraktivität dieser Anlageklasse geschuldet ist.
Starbucks
Die globale Kaffeehauskette Starbucks machte in der jüngeren Vergangenheit hauptsächlich mit Negativschlagzeilen auf sich aufmerksam. Der Aktienkurs sank von November 2023 bis in den Frühsommer um fast 30 Prozent. Das Unternehmen leidet insbesondere unter dem nachhaltigen Boykott der arabischen Welt, nachdem sich Starbucks proisraelisch positioniert hatte.
The world’s largest coffee chain cited a “cautious consumer environment” as it reported a 3 per cent fall in its global comparable sales for the three months to June, following a 4 per cent decline in its previous quarter.
FT, 31.07.2024
Am 13. August wechselte der Aufsichtsrat den CEO aus. Laxman Narasimhan muss gehen, Brain Niccol kommt. Wall-Street ist begeistert. Die Aktie springt um 20 Dollar. Zuvor (Juli 2024) hatte der aktivistische HedgeFund Elliot eine spekulative Position in der Aktie aufgebaut. Mit der Verkündung des Wechsels an der Spitze sprang die Marktkapitalisierung der Aktie um 21 Mrd. $. Vermutlich hat Elliot sein Ziel damit erreicht.
Die Rahmenbedingungen sind ungewöhnlich. Niccol hat eine Vergütung von 1.6 Mio. $ pro Jahr (+ 3,6 Mio $ Bonus) ausgehandelt. Als Begrüßungsgeschenk erhielt er 10 Mio. $ Cash und ein Aktienpaket im Wert von 75 Mio. $. Der Vertrag hat einen Wert von etwa 113 Mio. $. Damit ist Niccol einer der best verdienenden Manager in den USA. Der CEO verdient 83 % mehr, als seine Branchenkollegen.
Die Meßlatte könnte nicht höher sein. Starbucks ist die global größte Kaffeehauskette, hat die operative Margin unter den vergangenen CEO’s (In den vergangenen drei Jahren »verheizte« der Konzern drei CEO’s) maximiert und sein Heil zuletzt in der Ausweitung des Angebotssortiments gesucht. Eine Maßnahme die zulasten der Arbeitsbelastung der Mitarbeiter vor Ort geht und insgesamt die Produktivität eher senkt.
Starbucks wäre im Falle eines Wahlsieges von Kamala Harris im Visier der US-Verbraucherschützer, die der Preistreiberei von Monopolisten den Kampf ansagen werden.
Die Starbucks Aktie ist ein heißer Kandidat für eine reverse Stillhalterposition. Der jüngste Preisschub ist überzogenen Vorschußlorbeeren für den neuen CEO geschuldet.
Diejenigen, die diesen Deal eingefädelt haben, dürften ihre Positionen nun preisschonend auslösen. Selbst wenn Brain Niccol den Erwartungen entspricht, braucht es viel Zeit (und Geld) um strategische Änderungen zu implementieren.
Das atronomische Gehalt des Top-Managments steht zudem in einem kaum zu rechtfertigendem Gegensatz zu den üblichen Niedrigslöhnen, die Starbucks-Mitarbeiter bekommen. Weitere Preissprünge bei der Aktie sind unwahrscheinlich.
Intel
Auch der ehemals größte Chiphersteller sorgte in der vergangenen Woche für Schlagzeilen. Seit Jahresbeginn umgarnte Softbank das Management von Intel. Der Plan: Arm und Intel sollten ihre Expertise bündeln und in eine direkte Konkurrenz zu Nvidia treten. Der Deal platzte genäß der Financial Times im Juli.
Softbank wurde vom AI-Hype genauso überrascht, wie Elon Musk. Die Nachzügler versuchen nun auf verschiedene Weise, in dem Zukunftsegment Fuß zu fassen. Die FT berichtet, dass Softbank nach dem Scheitern der Verhandlungen mit Intel versucht, TSMC ins Boot zu holen. Es überrascht, das Softbank nicht mit japanischen oder koreanischen Technologieunternehmen kooperiert.
Nach dem Scheitern der AI-Perspektiven versucht Intel mit einem strikten Kostenmanagement (inklusive einer Kürzung der Dividende) und dem Abbau eines Viertels der Belegschaft wieder in die Gewinnzone zu gelangen. Perspektivisch ist das Unternehmen weiterhin »to big to fail«. Unabhängig vom Wahlausgang in den USA profitiert Intel vom Inflation Reduction Act (20 Mrd. $ Zuschüsse). Die strategischen Investitionen in Europa werden ebenfalls größtenteils vom Steuerzahler finanziert.
Gegenwärtig sind die Preisrisiken für die Aktie gering. Die Meldungen über die gescheiterten Verhandlungen mit Softbank waren nicht preisrelevant. Dies ist ein Hinweis, dass »bad News« weitgehend eingepreist sind.
Optionen sind auf der anderen Seite teuer. Die implizite Volatilität ist mit über 40 Prozent erstaunlich hoch. Dies öffnet ein Opportunitätsfenster für Stillhalterpositionen.
Wegen der hohen Volatilität kann der Strike für die Stillhalteroption niedrig gewählt werden. Weitere, moderate Preisabschläge (15 %) stehen der Profitabilität des Engagements nicht entgegen.