Bullenfalle

Unmittelbar vor der Amtseinführung von Dagoberg Duck haussieren die Aktienmärkte in Europa. Verantwortlich sein sollen institutionelle Adressen. Möglich. Wahrscheinlicher ist eine Bullenfalle. Dafür sprechen »normale« Preisenwicklungen in Australien und Japan. Jenseits der verrückten Preisentwicklungen an den Aktienmärkten bilden sich ausgerechnet an den volatilen Kryptomärkten sehr interessante Geschäftsmodelle heraus, die den Raum für Investitionen erweitern. Ob sich die neuen Möglichkeiten qualitativ von HochglanzProspekten windiger Anlageberater unterscheiden, muss sich noch zeigen.

Wochenbericht 3/25 Stuttgart, 18. Jan. 2025

Es ist kein Geheimnis: Hieronymus hadert mit dem globalen Rechtsruck, insbesondere dem Sendungs­bewußt­sein der libertären Spielart aus dem Silicon Valley. Um so befriedigender waren die Meldungen, dass ein Testflug der Space X-Starship-Rakete spektakulär gescheitert ist (Titelbild). Das Unternehmen muss eine Untersuchung der US-Luftfahrt-Aufsichtsbehörde FAA über sich ergehen lassen. Die FT berichtet, dass Elon Musk die FAA mehrfach öffentlich wegen überzogener Sicherheitsvorgaben kritisiert hat. Ausgerechnet sein Vorzeigeunternehmen (Marktwert: 350 Mrd. $) zeigt nun, wie sinnvoll die Vorgaben sind. Vielleicht lehrt dies ein wenig Demut. Mit Blick auf die Arbeitsbedingungen im dt. Tesla-Werk darf man die Latte wohl nicht sehr hoch legen. Mehr zum Realitätscheck der neuen US-Administration im Blog von Dirk Specht.

Anatomie des Scheiterns

Es ist beinah eine »Anatomie des Scheiterns«, was das Spitzenpersonal der Grünen stets hervorkramt, wenn ein Wahlkampf in die entscheidende Phase geht. 2021 musste unbedingt die unerfahrene Annalena Baerbock das Gesicht der Partei sein, welches vom politischen Gegner umgehend und genüßlich vor den Augen der Wähler/innen zerfetzt wurde. Jetzt ist zwar Robert Habeck auf dem Spitzenplatz. Von allen Spitzenkandidaten ist er der einzige, der dieses Land würdevoll vertreten könnte. Will er aber nicht.

Aus heiterem Himmel verkündete der derzeitige Wirtschaftsminister, er würde sich für eine Zusatzbesteuerung von Kapitaleinkünften einsetzen. Das Thema kam bisher in dieser Schärfe nicht einmal im Wahlprogramm der Grünen vor. Zukünftig, so will es das Spitzenpersonal der Grünen nun, sollen Kapitalerträgen nicht nur der Abgeltungs- und Kirchensteuer unterliegen. Zusätzlich sollen Sozialabgaben erhoben werden.

Was Hieronymus daran wütend macht: Die Grünen ändern mit einem Federstrich die Regeln für die private Altersvorsorge. Seit den 1980ern ist die private Vorsorge die Antwort der Mittelschicht auf die absehbaren Probleme der Demographie in diesem Jahrhundert. Jetzt erkennen auch unsere Politiker, dass erstens viele Menschen im Alter zu geringe finanzielle Polster haben und zweitens die Kosten der Sozialsysteme aus dem Ruder laufen. Anstatt die Leistungen der Sozialsysteme an die finanzielle Realität anzupassen, sollen nun diejenigen in die Bresche springen, die die Warnungen vor den Kosten einer alternden Gesellschaft ernst genommen haben und individuell verantwortlich gehandelt haben.

Damit bedient Herr Habeck das rechte Narrativ der »übergriffigen politischen Kader«, die nach gutdünken die Regeln für alle ändern, wie es ihnen gefällt. Hieronymus empfiehlt dem abgehobenen grünen Spitzenpersonal eine Legislatur in einem Schweigekloster.

Das Wahlvolk ist wirklich nicht zu beneiden. Mit der Vorstellung eines Comebacks des CDU-Staats haben sich die Meisten offenbar abgefunden. Wer aber könnte die C-Parteien in kritischen Fragen zurechtstutzen? Auf bundestagswahl.ai hat Max Mundhenke die Wahlprogramme der Parteien durch die AI-Generatoren geschaufelt. Interessant ist der Unterschied bei den beiden wahrscheinlichen Neueinzüge in den Bundestag.

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Abbildung 1: KI-Visualisierung von Wahlprogrammen zur Bundestagswahl

Weniger plakativ hat sich jüngst Dirk Specht mit diesem Thema befasst. Sein Ergebnis: Die Frage, wie die alternde Gesellschaft finanziert wird, zu stellen ist legitim. Der Wahlkampf ist dafür aber die falsche Bühne.

Ethena: Ein Stablecoin + 11 % Zinsen

Ethena (USDe) ist ein algorithmischer Stablecoin, der automatisch Zinsen auszahlt. Er zieht zahlreiche finanztechnische Register und könnte der perfekte Stablecoin werden.

Seit kurzem stieg USDe mit einer Marktkapitalisierung von fast sechs Millliarden Dollar zum drittgrößten Stablecoin überhaupt und zum größten algorithmischen Stablecoin im Speziellen auf. Der Grund dürfte darin liegen, dass der relativ neue Coin seinen Besitzern Zinsen von derzeit 11 Prozent pro Jahr auszahlt.

Quelle: BitCoinBlog.de

Eine Erfolgsgeschichte aus Frankfurt? Dort residiert die Ethena GmbH, Betreibergesellschaft des Stablecoins. Allein das ist bemerkenswert, kommen doch Innovationen im Finanzbereich meist aus angelsächsischen Staaten.

Ein Stablecoin ist ein Kryptoasset, dass den Kurs einer Währung abbildet, in diesem Fall den US-Dollar. Ethena ist ein algorithmischer Stablecoin. Das investierte Kapital wird nicht in Anleihen und Geldmarktinstrumenten angelegt. Statt dessen investiert die Betreibergesellschaft das Kapital in einen Korb anderer Assets, die insgesamt den Wertverlauf des US-Dollar wiederspiegeln. Ethena ist vergleichbar mit einem »geswappten ETF«. Auch Zertifikate funktionieren so. Dort hält die emittierende Bank für alle ausgegebenen Zertifikate ein gemeinsames Kollateral, aus dem Swaps für die einzelnen Instrumente ausgegliedert werden.

Ethena ist aber ein Krypto-Asset. Dort sind Swaps nicht üblich und auch nur bedingt darstellbar. Der Algorithmus des Stablecoins ist zudem auf der Blockchain abgelegt – und kann (a) nicht mehr verändert werden und (b) jederzeit von jedermann/frau ausgelesen werden. Wehe, wenn der Algorithmus nicht absolut fehlerfrei ist.

Der Stablecoin tauscht eingezahltes Kapital einen Korb der großen Kryptowährungen und konkurrierenden Stablecoins um: Ethereum, USDC, Solana, (…). Die Kryptowährungen schwanken stark. Das ist Fluch und Segen zugleich. Die Wertschwankungen erzwingen ein rigides Positionsmanagement. Anderseits bieten starke Bewegungen auch Chancen. Man kann Optionen schreiben und Prämien einnehmen. Das funktioniert bei der Hieronymus Bitcoin Handelsstrategie sehr gut. Das Problem: Es gibt zwar Ethereum-ETF’s aber keinen aktiven Optionshandel. Auch der Ethereum-Future hat keinen aktiven Optionshandel. Auf der Solana-Blockchain existieren zwar Marktplätze, die Krypto-Optionen anbieten. Die sind auch illiquide. Ethena greift auf den normalen Finanzmarkt zurück und hat – wie ETF-Emittenten es vormachten – Swaps auf die Krypto-Portfoliopositionen eröffnet.

Ein Investment in den USDe erscheint aus Chance-Risiko-Gesichtspunkten interessant. Die hohe Komplexität irritiert. Die hybride Struktur ist ein Novum. Ob der Stablecoin nachhaltig skaliert und auch in Stressphasen mit großen Volumen umgehen kann, muss sich zeigen.
Es gibt Alternativen: Z.B ein guter Solar-Bond (z.B. ReConcept) oder ein transparenter und bewährter Währungspool auf der Tron-Chain bzw. über Uniswap. Selbst auf der Algorand-Chain (Währungspaar: Algo/USDC) erzielt man damit zwar mit Schwankungen aber ohne Firlefanz zweistellige Renditen.

Fazit: Ein Produkt, das hohe Renditen ohne Volatilität bietet, kann immer gut verkauft werden. Immer wieder scheiterten diese Versuche spektakulär (siehe: offene Immobilienfonds). Ethena verspricht dies nun den Kryptoanlegern. Das Produkt bildet den Zeitgeist ab. Das Zusammenspiel von Krypto-Assets und »normalen« Swaps eröffnet Krypto-Assets einerseits faszinierende Möglichkeiten. Der Unterschied zu Zertifikaten schwindet allerdings. Mit Decentralized Finance und einer Alternative zum klassischen Finanzmarkt hat das nichts mehr gemein.

Musikrechte: Ein Milliardengeschäft

Immer wieder schaffen es Meldungen in die Schlagzeilen, dass sich ein großes Label oder eine Investmentgesellschaft die Rechte an den Stücken großer Bands und Einzelinterpreten gesichert haben. Im Oktober 2024 verkaufte z.B. Pink Floyd die Rechte an allen Bildern, Alben und Kompositionen für 400 Mio. $ an Sony Music. Wenn nun z.B. via Spotify ein Stück dieser Gruppe gestreamt wird, bekommt Sony Tantiemen.

Es geht auch eine Nummer kleiner – und gerechter. Mit Opulous. Dort haben sich computeraffine Musikfans zusammengetan, um Musiker:innen jenseits der großen Labels eine Vermarktung ihrer Stücke zu ermöglichen. Die Künstler:innen können die Plattform inklusive neuer AI-Werkzeuge für ihre Selbstvermarktung nutzen.

Opulous hat jüngst einen Rechtepool aufgelegt. Dort kann man den Stablecoin USDC einzahlen. Mit den Anlegergeldern kauft Opulous Songrechte. Die Künstler bekommen sofort Geld. Die Anleger erhalten die eingenommenen Lizenzgebühren. Die Rendite ist derzeit 10 Prozent. 85 % des Anlagekapitals ist langfristig in Musikrechten gebunden, 15 % sind für Auszahlungen reserviert.

Opulous nutzt die Blockchain als Finanzierungsquelle für ihr Kerngeschäft. Es gibt keinen Zwischenhandel, man erreicht andere Zielgruppen, als über den Graumarkt und es gibt weder ober- noch Untergrenzen für die Investments. Derzeit sind etwa 170.000 USD über diesen Weg zusammengekommen. Jeden Monat zahlt Opulous die eingenommen Lizenzbeiträge in den Pool ein. Die Anleger können die Entwicklung des Pools jederzeit einsehen. Für Auszahlungen gibt es einen Algorithmus, der sicherstellt, dass die langfristigen Verträge mit den Musikern erfüllt werden können.

Dies ist ein schönes Beispiel, wie Krypto-Assets mit normalen Geschäftsmodellen interagieren. Hier öffnet sich ein Fenster in die Zukunft der Geldanlage.

Bullenfalle oder Ausbruch zu neuen Höhen?

Am Freitag erreichten sowohl der heimische DAX als auch der EuroStoxx neue Rekordstände. Nicht nur das: auch die Aktienmärkte in Neuseeland und Chile markierten (in lokaler Währung) neue Allzeithöchststände. In Europa schoß der französische CAC mit einer Wochenperformance von 3,75% den Vogel ab.

Molltöne dagegen in Australien und Japan. Der ASX trat auf der Stelle, der Nikkei verbilligte sich im Wochenverlauf gar um 1,9 %.

Die Outperformance des CAC ist dem Comeback der Luxus-Schwergewichte, Kering, Hermes und LVMH geschuldet. Hier überzeugten die Q4-Absatzzahlen insbesondere aus Asien und China.

Die Preisentwicklung zeigt viele Elemente einer Short-Squeeze. Sowohl in den USA wie auch in Europa ist das Put/Call-Verhältnis an den Optionsbörsen sehr hoch. Dies reflektiert die Nachfrage nach Absicherungen gegen Kursrückgänge und macht die Märkte empfindlich für Preisspikes auf der Preisoberseite. Zudem steht die Amtseinführung von D.Trump unmittelbar bevor. Möglich, dass Hieronymus bei diesem Thema voreingenommen ist. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass unmittelbar vor dem bevorstehenden, mit Unsicherheiten verbundenen Wechsel in der Handelspolitik der USA Investitionen ausgerechnet in Lateinamerika und Europa getätigt werden. Wer allerdings auf sinkende Preise spekuliert hatte, war möglicherweise gezwungen, seine Positionen mit Verlust zu liquidieren. Das wäre das »Short Squeeze-Szenario«.

Das Estx-Handelssystem ist planmäßig aus dem Markt gegangen. Wegen der Preisaufschläge auf Indexebene konnten wegen der vorher defensiven Ausrichtung die Zielrenditen nicht erreicht werden. Die Risiken des neuen Politik-Regimes in den USA werden aktuell an den europäischen Aktienmärkten ausgeblendet. Rational erscheinen die Preisentwicklungen in Japan und Australien.

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Abbildung 2: Preisentwicklung des Nikkei (in Yen)

Wir prüfen, ob nun das Stillhalterhandelssystem auf den Nikkei aktiviert wird. Eine Allokation in Europa macht aktuell wenig Sinn. Bei Einzelwerten sind Stillhalterpositionen selektiv interessant. Insbesondere Bayer und RWE gefallen.