Deutschland ist wieder Spitzenklasse. Das gilt zumindest für die
Welt der Kapitalanlage. Der DAX ist aktuell einsamer Outperformer.
Kann die Perspektive auf eine Braun/Schwarze Regierung die Marktpreise treiben?
Mit der Einführung der Strafzölle gegen Kanada, Mexiko und China werden 42 Prozent
aller Einfuhren in die USA deutlich teuerer. Zuerst werden die übervollen Lagerhäuser
leerverkauft, aber dann?
Hoffnung auf Braun/Schwarz treibt Aktienkurse

Berlin im Januar 2025. Unternehmer demonstrieren für eine Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik. Später stellt der Wirtschaftsminister den Jahreswirtschaftsberichts 2025 vor, wonach maximal ein Wirtschaftswachstum um 0,3 Prozent möglich ist. Deutschland befindet sich im dritten Jahr einer »strukturellen Krise«. Zeitgleich kennt der deutsche Aktienmarkt kein Halten.
Daran ändern auch die Zollpläne der US-Regierung nichts und auch die Ungewissheit der Mehrheitsverhältnisse nach den Bundestagswahlen.
Was treibt die Aktienpreise? Verantwortlich sei institutionelles, ausländisches Interesse, heisst es. Zum einen übt der aktuell schwache Euro eine starke Anziehungskraft aus. Aber auch die Ereignisse im Parlament dürften wohlwollend zur Kenntnis genommen worden sein.
Erinnern wir uns: Elon Musk unterstützt die AFD nach Kräften. Anstatt – wie von der CDU geplant – Ökonomie ist Migration das Hauptwahlkampfthema. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Auf welch verlorenem Posten die bisher als Favorit gehandelte CDU hier kämpft, wurde am Mittwoch und Freitag deutlich (Die Ereignisse der Woche zeichnet der aktuelle Politikpodcast des DLF aufs Treffendste nach). Das Migrationsthema zwingt die CDU zu einer offenen Kooperation mit der AFD. Es wurde doppelt Geschichte geschrieben. Am Mittwoch verhalf die AFD CDU und FDP zu einer Mehrheit. Am Freitag führte die AFD die übrigen Parteien vor, in dem sie drohte, das »Zustrombegrenzungsgesetz« eigenständig in den Bundestag einzubringen. Die CDU hatte keine andere Chance, als diesem zuvorzukommen. Am Ende ist die AFD weiterhin der lachende Sieger. Alle anderen Parteien stehen zerrupft vor einem Scherbenhaufen.
Die wüsten Wahlkampfattacken der demokratischen Parteien lassen die faschistische AFD auf einmal »normal« erscheinen. Dort streitet man sich nicht mehr auf offener Bühne. Man weiss die USA und auch Russland an seiner Seite und sieht die Chance auf eine post-faschistische Achse in Europa: Italien, Österreich, Deutschland, Niederlande. Ungarn und die Slowakei gehören ebenfalls in den Klub.
Diese Konstellation könnte für institutionelle internationale Investoren ein Kaufanreiz sein. Schließlich gibt es in Europa und speziell in Deutschland einiges mehr umzuverteilen, als in Asien oder der USA. Die Wahlprogramme von CDU, FDP und AFD setzen unisono die Axt an soziale Sicherungssysteme an. Das lässt die Kassen der Kapitalseite klingeln.
Stagnation im Rest der Welt

Wie ungewöhnlich die Entwicklung in Europa und speziell in Deutschland ist, zeigt sich bei einem Blick nach Japan. Auch dort gibt es »nur« massive Drohungen für Handelszölle. Der Nikkei pendelt orientierungslos seitwärts. In der Abb. 2 ist der Russell 2000 als Vergleich eingetragen. Die US-Midcaps haben die Vorschusslorbeeren an die Trump-Administration komplett abgegeben.
Ähnlich ist die Situation in Australien. Der ASX ist gerade an der oberen Begrenzung der Tradingrange abgeprallt. Im Grunde gilt dies auch für chinesische Aktienpreise. Der HSI (Hongkong) notiert etwa wieder auf dem Preisniveau im November.
Deutschland und Europa sind 2025 überraschende Outperformer. Wie lange dieser Trend anhält? Nobody knows.
Da nun die ersten massiven Handelszölle zwischen den USA und Kanada/Mexiko(25%) und China(10%) aktiviert wurden, ist die Zeit des Wartens nun vorbei. Für Europa ist das Schlachtfeld vorbereitet. Grönland steht zur Disposition und die Mindestbesteuerung für multinationale Konzerne. Es ist absehbar, dass die USA Schürfrechte für Bodenschätze beanspruchen und die Steuerfreiheit für Auslandsaktivitäten von Google, Meta, Amazon, Tesla & Co. Damit hat die Postfaschistische Achse in Europa vermutlich keine Probleme.
42 Prozent der Einfuhren in die USA unterliegen Strafzöllen
Ab Dienstag gelten die angekündigten Strafzölle für Kanada, Mexico und China. Sollte ein Land auf die Idee kommen, eigene Zölle einzuführen, sieht die Executive Order des US-Präsidenten ausdrücklich automatische Anpassungen der eigenen Maßnahmen vor.

Die Abb. 3 zeigt das Ausmaß der Strafzölle. Fast die Hälfte aller Einfuhren in die USA sind betroffen. Das ist genug, um die Zollabgaben 1:1 auf die Verkaufspreise umzulegen. Höchstwahrscheinlich werden konkurrierende US-Unternehmen ihre Preise einfach anheben. Die Kapitalseite dürfte die deutlichen Margin-Ausweitungen begrüßen.

Auch wenn sich die Außenhandelsbilanz konjunkturbedingt zwischen den USA und Deutschland bzw. Japan kaum verändert, dürfte es Dagoberg Duck in den Fingern jucken, die beiden Länder (zusammen mit Dänemark) in das Zollregime einzubeziehen. Ob er sich an die im April auslaufende Stillhaltevereinbarung zwischen den USA und der EU gebunden fühlt, ist unklar.
Die Zwangszölle beziehen sich ausschließlich auf Warenlieferungen. Dienstleistungen sind weiterhin ausgenommen (genauso wie Öl+Gas).
Dienstleistungen kann man nicht an der Grenze verzollen. Auf grenzüberschreitende Dienstleistungen eine Strafbesteuerung einzuführen, liegt in den USA außerhalb der alleinigen Authorität des Präsidenten.
Solle die US-Administration einen isolationistischen Kurs einschlagen, ist eine entsprechende Gesetzesänderung absehbar.
Die Tatsache, dass eine Strafbesteuerung grenzüberschreitender Dienstleistungen derzeit nicht einmal ernsthaft diskutiert wird, kann für eine Handelsstrategie genutzt werden. Dienstleister profitieren sogar von einem Handelskrieg: Der US-Dollar wertet in diesem Szenario auf. Outsourcing von Dienstleistungen wird für US-Unternehmen immer interessanter.
Investmentcase Oracle
Oracle machte jüngst durch die Beteiligung beim Stargate-Projekt auf sich aufmerksam. Jetzt machen Gerüchte die Runde, dass Oracle für die Übernahme von TicToc-USA vorgesehen ist. Die erste Variante, dass man TicToc an das Musk-Imperium anflanscht, wurde wieder fallen gelassen.

Die Aktie ist (natürlich) in den Strudel der Verunsicherung bezüglich der Wettbewerbsfähigkeit der US-AI-Industrie angesichts der Überlegenheit des chinesischen StartUps DeepSeek geraten. Oracle besticht hinsichtlich der Fokussierung der IT-Dienstleistungen. Diese steht im wohltuenden Kontrast zu den Abenteuern im Imperium von Elon Musk. Hinzu kommt: Der Wert ist – anders als viele US-Technologieunternehmen – politisch nicht verbrannt. Preiswert ist der Wert dennoch nicht. Sollte der Marktpreis zurückkommen, ist das Unternehmen ein klarer Kauf.