Risikomanagement

Die US-Präsidentschaftswahl steht unmittelbar bevor, wird es Preiskapriolen geben, eine Zäsur gar – oder ist bereits alles »eingepreist«? Der vergangene Verfallstag für Optionen war schonmal ungewöhnlich.
Die steuerlichen Nachteile für Optionsgeschäfte fallen wahrscheinlich weg. Grund genug zu prüfen, ob der vollständige Werkzeugkasten an Handelsinstrumenten ein besseres Risikomanagment ermöglicht. Kurze Antwort: Es macht Sinn, situativ Futures zur flexiblen Risikosteuerung einzusetzen, wenn damit unplanmäßige Positionsschließungen vermieden werden.

Wochenbericht 41/24 Stuttgart, 19. Oct. 2024

„Auf Initiative der FDP wird der Verlustverrechnungsbeschränkung ein Ende gesetzt und das rückwirkend bis 2020″, sagte FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer dem RedaktionsNetzwerkDeutschland (RND). „Wir haben die wahrscheinlich verfassungswidrigen Sonderverlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte und Forderungs­ausfälle im Privat­vermögen aus dem Gesetz gestrichen. So schützen wir Kapitalanleger vor ungerechten Steuerforderungen“

Geht doch – möchte man einwenden. Wenn da nicht die Ampel am Werk wäre. Hieronymus bleibt skeptisch, welchen Wert die Worte eines Vertreters einer Ein-Prozent-Regierungs-Partei haben.

Fakt ist aber: Sollte die Ampel dieses Gesetz nicht freiwillig kippen, hat das Bundes­Verfassungs­Gericht noch einen Grund mehr, die anhängige Klage zeitnah zu entscheiden. Optionsstrategien sind damit absehbar wieder skalierbar und Hieronymus hat mehr Gestaltungsfreiheit bei der Vorbereitung auf auf mögliche Turbulenzen im Zuge der US-Präsidentschaftswahl. Der heutige Wochenbericht beschreibt die Ausgangsposition und zeigt Szenarien für kurzfristige Absicherungen auf.

Beobachtungen

Der EuroStoxx Index beendete den Handel am Freitag bei fast exakt 5.000. Freitag war kleiner Verfallstag, Indexoptionen liefen aus. Am Donnerstag (Verfallstag in Australien) passierte identisches beim ASX: Der Index schloß exakt bei 8.400.
Auch Einzelwerte zeigten am Freitag ein Verhalten, dass üblicherweise nur an großen Verfalltagen auftritt. Die Thyssen Krupp Aktie kletterte kurz vor dem Handelsschluß um 10 Prozent. Vorher hatte der norwegische Staatsfonds mitgeteilt, seine Beteiligung reduziert zu haben. Das hätte in »normalen« Marktphasen zu Preisabschlägen bei der Aktie geführt. Hieronymus führt dies auf Verzerrungen durch Risiken im Umfeld der US-Präsidentschaft zurück. Die Marktteilnehmer haben sich (wie auch Hieronymus) umfassend vorbereitet. Nun herrschen rund um den »Risikoevent« andere Gesetze, treten andere Korrelationen und Abhängigkeiten zu Tage. Das macht die nächsten vier Wochen auch börsentechnisch »spezial«.

Estx50

In der vergangenen Woche hat sich eine kurzfristige Tradingrange ausgebildet. Hier der fortgeschriebene Chart der Vorwoche.

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Abbildung 5: Preisentwicklung des EuroStoxx (seit 1. Juli)

Das Estx-Handelssystem(Abb. 2) scheint seit dem Sommer hoch korreliert mit dem Index zu laufen. Tatsächlich ist die Korrelation jedoch mit 0,28 schwach!

Abbildung 2: Wertentwicklung der EuroStoxx-Handelsstrategie (4 Kontrakte) seit Juli 2024, inklusive Eröffnungstrades.
Abbildung 3: Zeitwertverfall der Optionskomponenten 1.7. – 20-10.2024.

Die Abb. 3 zeigt den reinen Zeitwertverfall der offenen Optionen (4 Kontrakte). Je mehr Optionen geöffnet sind und je größer die Volatilität am Markt, desto höher ist der tägliche Zeitwertertrag; die Renditequelle der Handelsstrategie. Gegen diesen Ertragsstrom wirken Preisveränderung des Index. Sprünge in der Zeitwertverfallskurve sind dem Auf- und Abbau von Positionen zuzuordnen. Die Eröffnungstrades sind in den Abb. 2+3 eingepflegt. Die Zeitwertverfallskurve wird mit abnehmender Restlaufzeit der Optionen steiler.

Der durchschnittliche tägliche Zeitwertertrag der Estx-Handelstrategie beträgt bei den hier angenommenen vier Kontrakten 140 € (Kapitalbasis: 100 k€), entsprechend 42.000 Euro pro Jahr.

Weil in turbulenten Marktphasen Optionskomponenten unplanmäßig geschlossen werden (müssen), ist die Zielrendite des Systems deutlich niedriger als der gemessene tägliche Zeitwertertrag. Die Abbildung zwei zeigt den Drawdown im Zuge der dynamischen Preisentwicklung Anfang August. Im Handelssystem werden Optionen, die ungeplant »ins Geld laufen«, konsequent geschlossen. Trotz attraktiver Neueröffnungen von geeigneten Stillhalterpositionen und planmäßigen Einkünften aus dem Optionspreisverfall dauerte es mehr als zwei Monate, die »Delle« zu egalisieren.

Mit dem Wegfall des faktischen Verbots, Absicherungen aufzubauen, können asymmetrische Chance-Risikoprofile aufgesetzt werden, die zumindest theoretisch von stärkeren Preisschüben sogar profitieren. Theoretisch – weil der Sinn solcher Marktphasen darin besteht, den Markt zu bereinigen. Wenn viele gegen Risiken abgesichert sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Absicherungen für die Masse nicht greifen. Deshalb macht es keinen Sinn, Absicherungen dort aufzubauen, wo sich die Masse erkennbar positioniert hat. Das gilt onsbesondere in den kommenden vier Wochen!

Wenn die Alternative aber darin besteht, einem Drawdown im Zuge der US-Präsidentschaftswahl zuschauen zu müssen oder vorab einen Teil des Kapitals für die Absicherung erkennbarer Preisrisiken zu reservieren, sind zumindest moderate Absicherungen zielführend. Das Ziel ist, unplanmäßige Optionsschließungen zu vermeiden und die Chance auf die planmäßige Einnahme der Optionsprämien zu maximieren.

Handlungsbedarf

Bei dem Estx-Handelssystem ist das kurzfristige Risikomanagement beinah trivial: Der verbliebene Put mit Fälligkeit im November wird geschlossen. Mit dieser Maßnahme wird die Handelsstrategie Marktneutral gestellt und der Großteil der zu erwartenden Marktvolatilität bleibt Außen vor. Der »Rest« kann dank der absehbaren Änderungen im Steuerrecht mit einem begleitenden Future situativ kompensiert werden.

Ohne die Maßnahme sinkt der Marktwert des Optionskomplexes im Falle eines Preisrutsches auf 4.800 (- 5%) um 2.500 € pro Kontrakt. Das Glattstellen des Put(4900) halbiert den Buchverlust. Die verbleibende Volatilität ist dann allerdings »systemimmanent«.

Wie in der Vorwoche ausgeführt, erwartet Hieronymus bis zum Jahreswechsel eine freundliche Marktentwicklung. Sollte sich diese Erwartung durchsetzen, wird nach dem Wahltag einer der Strangles in einen Straddle umgewandelt (Strikes der veräußerten Optionen einer Fälligkeit sind identisch) und die begleitende Futures-Position (außerhalb des Handelssystems) bleibt bestehen.

ASX

Die passive ASX-Handelsstrategie ist bereits (so gut es geht) auf volatile Zeiten vorbereitet.

Der australische Blue-chip-Aktienindex hat in den vergangenen Monaten die europäischen und us-amerikanischen Aktienmärkte outperformt. Im August 2024 korrigierte auch der australische Aktienmarkt, wegen der größeren Abhängigkeit von Japan sogar überproportional. Das stellt eine Handelsstrategie, die von Seitwärtsmärkten profitiert, vor Herausforderungen.

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Abbildung 4: Preisentwicklung des ASX200 (seit 1. Juli)

Im passive Handelsansatz wurde die Volatilität im August »ausgesessen«. Das Ergebnis ist ein großer Drawdown, ohne nachhaltige Konsequenzen. Zur Wahrheit gehört auch: Dieser Drawdown konnte durchgehalten werden, weil im Estx-Handelssystem zeitgleich die Risiken konsequent gemanagt wurden.

Die Vermeidung gleichzeitiger rund gleichförmiger Risiken ist die große Chance des Wegfalls der Beschränkungen bei Termingeschäften für den Systemhandel. Hier wird das Systemdesign zeitnah angepasst.

Abbildung 5: Wertentwicklung der ASX-Handelsstrategie seit Juli 2024, inklusive Eröffnungstrades.

Im Zuge der Aufwärtsbewegung nach dem Kurseinbruch im August wurde die Call-Komponente vorzeitig geschlossen. Deshalb sinkt die Zeitwertkomponente ab dem 18. August. Im Ergebnis konnte der Drawdown deutlich rascher überwunden werden, als im Estx-Handelssystem. Die Korrelation zwischen Wertentwicklung des Handelssystems und dem Index ist mit 0,68 deutlich höher, als im Estx-System.

Abbildung 6: Zeitwertverfallskurve der Optionskomponenten 1.7. – 20-10.2024.

Am 30. September wurde der Spread zwischen den Strikes der Put- und Call-Komponente des aktiven Dezember-Kontrakts auf 8000/8600 erweitert. Der Zeitwertverfall ist geringer, als vorher, das Risiko auch. In Australien sind Absicherungsmaßnahmen limitiert. Es gibt z.B. keinen Future mit gleicher Marktexposure. Die einzig sinnvolle Maßnahme für das Risikomanagement ist die vorzeitige Schließung der Risikokomponente. Sollte der Markt weiter anziehen, wird der Call(8600) schweren Herzens glattgestellt. Der Put wird dann als nacked Put passiv weiter geführt. Gegen temporäre Preisabschläge Anfang November ist die Strategie unempfindlich.

Fazit

Die US-Wahl wird von den Finanzmärkten regelmäßig mit Spannung erwartet und mit volatilen Marktpreisen begleitet. Die Hieronymus Optionshandelssysteme können mit einfachen Operationen gegen Marktrisiken abgesichert werden. Mit dem höchstwahrscheinlichen Fall des Verbots von Absicherungstrades erweitert sich der Werkzeugkasten. Allerdings gelingt es auch ohne komplizierte Konstrukte, die Systeme sicher durch die Untiefen zu steuern.