Die Zeit zwischen den Jahren – Anlass für einen kritischen Blick zurück und einen hoffnungsvollen in die Zukunft. Vergleiche mit den »Roaring Twenties« tauchen öfter auf. Stimmt das?
Umbrüche stellen Paradigmen in Frage. Eine Weltordnung ohne eine nach Freihandel strebende USA benötigt keinen US-Dollar als Leitwährung. Was macht das mit dem Hongkong-Dollar?
Schließlich wird zum Jahreswechsel der Systemhandel mit Bitcoin-Optionen in das Portfolio aufgenommen.

Wochenbericht 51/24 Stuttgart, 28. Dec. 2024

»Als Präsident musst du nur einmal pro Woche einen kontroversen Tweet loslassen. Dann diskutieren alle darüber und du kannst in aller Ruhe deine Ziele verfolgen.« Das war die Devise von D. Trump von 2016 bis 2020. Vieles spricht dafür, dass sich daran ab 2025 nicht viel ändert.
Über die Festtage mäanderte die Vorstellung, die USA könnte sich unter Trump tatsächlich Grönland und Kanada einverleiben, auch jenseits der Off-Kanäle durch die Nachrichtenströme. Ob das der allgemeinen Nachrichtenarmut geschuldet ist, wird sich zeigen. Allein die Diskussion zeigt, wie stark der autoritäre Trend in den USA ist. Auch das römische Reich hatte schließlich einen demokratisch gewählten Senat. Was der Cäsar bestimmte, war trotzdem Gesetz.

2024 war nicht umsonst das bislang krisenreichste Jahr des 21. Jahrhunderts. Nationalismus und Imperialismus zollen ihren Preis. Es ist auffällig, wie viele liberale Demokratien und (ehemalige) Bündnispartner der USA aktuell getestet werden: Frankreich, Deutschland, Kanada, Südkorea. Gesellschaftliche Stabilität bieten rechtsnationale Autokratien: Argentinien, Ungarn, Italien.
Mexico, Brasilien und Großbritannien stemmen sich gegen den Trend.

Das sich Elon Musk an die Spitze der globalen neuen Rechten setzen würde, ist wohl die größte Überraschung des Jahres 2024. Wobei: Rückblickend ist die Entwicklung folgerichtig. Musk beugt sich einfach dem Trend.

Auf dem Brics Treffen im russischen Kasan (Oktober 2024) pries der chinesische Staatspräsident Xi »die Entwicklung einer neuen globalen Ära«, die durch »Turbulenzen und Transformation« geprägt sein wird. Russlands Präsident Putin griff dies nach der US-Wahl am 7. November in Sochi auf: »Vor unseren Augen entsteht gerade eine völlig neue Weltordnung.«

Das Jahr 2024 leitete epochale Veränderungen ein, die weit über das Ende der Nachkriegsordnung hinausgehen. Hieronymus fühlt sich wie ein Zeitgenosse im Berlin der 1920er. Es gab scheinbar unendliche Chancen, nie war jedoch die gesellschaftliche Spaltung größer. Ein Jahrzehnt später folgte das große Erwachen.

Diese Wochenberichte dienen dem Author zur Selbstreflektion. Sie erfüllen ihren Zweck, wenn sie der/m Leser:in bei der Geldanlage Orientierung in diesen unruhigen Zeiten vermitteln.

Krypto als Stabilitätsanker?

Neues Denken ist also angesagt. Die Wochenberichte 47 und 48 griffen das Thema auf. Der Wochenbericht 48 skizzierte die Grundzüge einer Handelsstrategie mit den gerade eingeführten Bitcoin-Optionen.

Angesichts der Unsicherheiten bei Anleihen und Aktien ist ernsthaft zu prüfen, ob das Krypto-Marktsegment zumindest übergangsweise eine Insel der Stabilität bieten könnte.

Die Trump-Administration setzt hier tatsächlich neue Maßstäbe. Bisher ist es US-Bürgern nicht gestattet, Krypto-Kredite aufzunehmen oder sich an digitalen Wechselstuben zu beteiligen. Diese Beschränkungen werden wohl bald aufgehoben. Bei den großen Kryptobanken (Coinbase, Kraken, Binance) herrscht Goldgräberstimmung.

Das Krypto-Marktsegment unterscheidet sich in einem Punkt von anderen Assetklassen: Es ist kein Teil des Nullsummenspiels der MAGA-Bewegung: US-Unternehmen können nur wachsen, wenn die ausländische Konkurrenz schrumpft. Auf dem Kryptosegement lastet auch nicht die Furcht vor einer Überschuldung von Staaten, die aktuell die Renditen am Rentenmarkt treibt.

Die Gefahr der Blasenbildung ist allerdings sehr real. Der Grad der Spekulation ist gigantisch. Als Konsequenz schwanken die Preise für Krypto-Assets stark. Bitcoin-Optionen sind entsprechend teuer. Hier setzt die Bitcoin Handelsstrategie an. Der systematische Verkauf hochpreisiger Optionen schafft ein Sicherheitsnetz gegen Preisschwankungen.

Falls Krypto-Assets unter Trump2 erwachsen werden, dürfte die Volatilität zumindest der Leit-Assets (Bitcoin, Ethereum, Solana, Avalanche, Algorand) deutlich sinken. Dieser Trend stützt die Profitabilität der Optionsstrategie. Sie ist als Schaufenster verfügbar.

Die Zukunft des Hongkong-Dollar

Am 19. Dezember 1984 wurde eine gemeinsame chinesisch-britische Erklärung unter­zeichnet. Diese legte fest, dass ganz Hongkong am 1. Juli 1997 an China zurück­gegeben werden sollte. Die Diskussion um die Zukunft der britischen Kronkolonie wurde bereits vorher heftig geführt. Schließlich war die Stadt 1898 für 99 Jahre an England abgetreten worden.

Das Ende der Kronkolonie bedeutete auch das Ende des Hongkong Dollars(HKD), dachten viele. Die Währung war an den Sterling gebunden und seit 1862 offizielle Währung in Hongkong. Mit dem Zusammenbruch der Bretton-Wood-Dollar-Bindung aller europäischen Währungen (1974) endete die Bindung des HKD an das britische Pfund.

In den folgenden neun Jahren war der HKD eine eigenständige Währung, vergleichbar mit dem heutigen Singapore-Dollar. Allein die Perspektive auf eine Wiedervereinigung mit China lastete auf der Währung. Es setzte eine Flucht in Sicherheit ein: Neben Gold horteten die Bürger: Reis, Toilettenpapier und Schnaps.

1983 wurde die Situation untragbar. Die Regierung entschied, den HKD fest an den US-Dollar zu binden.

Diese Anbindung besteht seither. Die über so lange Zeit erfolgreiche, feste Währungsbindung ist das wesentliche Erfolgskriterium Hongkongs als asiatisches Handelszentrum.

Mit der immer offensichtlicheren Abwendung der USA vom globalen Freihandel steht die Rolle des US-Dollar als Weltreservewährung auf dem Prüfstand. Ein bisher völlig abwegiger Gedanke muss zu Ende gedacht werden: Könnte der HKD die Rolle des USD übernehmen?

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Abbildung 1: Währungsreserven im USD-Zahlungssystem

Gavekal veröffentliche jüngst die Abb.1. Seitdem ist der Geist aus der Flasche: Bereits unter Trump1 verschob China USD-Bestände (aus dem Handelsüberschuß) nach Hongkong, anstatt sie (brav) in US-Treasuries zu investieren und so in die USA zurück zu transferieren. Dieser Trend setzte sich unter Biden fort. Die Analysten spekulieren, ob sich in Hongkong eine kritische Masse an Hongkong-Dollar angesammelt hat, mit der China die Geldpolitik der USA aushebeln kann.

Fakt ist: Über die Währungskopplung existieren ca. 1,3 Billionen US-Dollar außerhalb des Einflußbereichs der FED. Was, fragt Gavekal, wenn Exporteure aus Asien (und Europa?) der Hongkong Money Authority (das Äquivalent der Notenbank in Hongkong) mehr Vertrauen, als einer um ihre Unabhängigkeit kämpfenden FED – und USD-Erträge auf HKD-Konten parken anstatt US-Treasuries hierfür zu erwerben. Hinter diesem Szenario steht die Annahme, dass die Trump-Administration die Ankündigung massiver Ausgabens­teigerungen in Kombination mit Steuersenkungen wahr macht und das US-Haushaltsdefizit weiter zunimmt. D.Trump wird Wege finden, Käufer für die zusätzlichen US-Staatsanleihen zu begeistern ohne hohe Zinsen bieten zu müssen.

Die HKD-Reserven sind ein Faustpfand der Handelspartner der USA, um sich gegen unfaire Forderungen seitens der Trump-Administration zur Wehr setzen zu können. Falls die Unabhängigkeit der FED fällt, bietet ein aus der Dollarbindung gelöster HKD einen bedingten Schutz vor einer politisch motivierten Abwertung des USD.