Osterruhe (2)

Nach der steilen Rallye der Vorwoche ging in der Osterwoche an den Aktienmärkten kaum etwas. Die Musik spielt weiterhin an den Anleihemärkten. Es ist an der Zeit, das Anleihedepot zu komplettieren.

Stuttgart, 8. April 2023.

Liegt es am Frühling, am Osterfest, an den stark gestiegenen Marktzinsen oder schlicht daran, dass die Kunden ihre Tagesgeldkonten plündern? Fakt ist: Es vergeht kaum ein Tag, an dem kein neues Angebot einer Bank eingeht, Geld gegen marktübliche Zinsen zu hinterlegen.

Wer als Vertrauensbeweis zur Bank sein Geld auf Tagesgeldkonten einzahlt oder es gar für ein halbes Jahr festlegt, bekommt zwischen ein und zwei Prozent Zinsen. Aber Vorsicht: Die Einlagen sind kein Sondervermögen und im Fall einer Pleite Teil der Insolvenzmasse des Geldinstituts. Wie schnell das gehen kann, zeigt das Beispiel Credit Suisse nur zu deutlich. Zudem: Welchen Sinn hat eine solche Geldanlage bei einer Inflation von knapp unter 10 Prozent?

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Abbildung 1: Panikartige Auflösung von Sichteinlagen bei US-Banken, Quelle; Zerohedge

US-Bürgern steht der Schrecken der Pleite der SiliconValleyBank ins Gesicht geschrieben. Trotz des Einschreitens der Finanzsaufsicht und der »Rettung« aller Einlagen nahm der Cash-Exodus in den letzten März-Tagen dramatische Züge an. Die Banken können zwar auf Einlagenfacilitäten der Notenbank zugreifen, weitere Pleiten drohen deshalb nicht. Die Arbeitsfähigkeit der Regionalbanken wird durch den heftigen Kapitalabfluss mangels Eigenkapital aber zunehmend infrage gestellt (Stichwort: Zombifizierung).

Alternativlos: Staatsanleihen

In den USA versuchen die Banken händeringend, Kunden vom Umtausch von sichteinlagen in festverzinste Anlageprodukte abzuhalten. Das Incentive sind hohe Zinsversprechen. Eine ähnliche Motivation unterstellt Hieronymus den hiesigen Geldhäusern bei der Auflage ihrer aktuellen Anlagenofferten.

Die Praxis der Kreditinstitute, die Zinsen für Sichteinlagen anzuheben, hat zwangsläufig Zinserhöhungen bei der Kreditvergabe zur Folge.

Wenn Zinserhöhungen mangels ausreichendem Angebot an Anlagekapital erfolgen, können nur noch ausgewählte Projekt realisiert werden, die Wirtschatsdynamik bricht ein. Damit steht der Anleihemarkt perspektivisch vor Renditesenkungen. Dies geht mit steigenden Anleihenotierungen einher. Deshalb ist der Kauf von (europäischen) Staatsanleihen mit mittleren Laufzeiten aktuell tatsächlich alternativlos.

Wir haben unser Anleihedepot in der Osterwoche komplettiert. Dem österreichischen Langläufer (Wochenbericht: Sommer-Intermezzo) und den im letzten Wochenbericht vorgestellten ETF mit Staatsanleihen mit bis zu 7 Jahren Restlaufzeit stellten wir einen ETF mit ebenfalls europäischen Staatsanleihen mit 10 bis 15 Jahren Restlaufzeit zur Seite ( iShares € Govt Bond 10-15yr UCITS ETF ). Darin enthalten: italienische, spanische, französische, belgische und niederländische Staatsanleihen. Für diesen ETF gilt ebenfalls: Die aktuelle Rendite von 2,6 Prozent (p.a.) ist der Tatsache geschuldet, dass die enthaltenen Anleihen in der Nullzinsphase emittiert wurden. Die Ausschüttungen steigen perspektivisch. Der Preis des ETF ist zinssensitiv und steigt mit der Perspektive auf sinkende Marktzinsen. Die Rendite eines Engagements wird damit von zwei fundamentalen Trends getrieben und sollte deutlich über der der Lockangebote der Banken liegen. Die höhere Rendite erwirtschaftet der ETF bei geringerem Risiko. Das macht Anleihe-Engagements aktuell so reizvoll.

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Abbildung 2: Preisverlauf des Renten-EFT mit Langläufern aus der EU

(Keine Aufforderung zu Kauf, aber ein nachdrücklicher Fingerzeig, die Argumente sorgfältig zu prüfen und dann konsequent zu handeln.) Je mehr Kapital auf diese Weise den Banken entzogen wird, desto rascher sinken die Marktzinsen und desto interessanter wird ein derartiges Engagement.

Die Zinssenkungserwartungen sind für die USA aus diesem Grund höher, als in Europa. Trotzdem ist es nicht zielführend, US-Renten ins Depot zu nehmen. Diese haben zwar höhere Nominalrenditen. Diese werden vom Währungsrisiko überlagert. Sinkende Marktzinsen in den USA gehen mit einem schwachen US-Dollar einher. Das macht den Handel mit US-Wertpapieren uninteressant.

Finanzplatz Europa wird interessanter

Seit dem Herbst 2021 berät die EU-Kommission über eine Schaffung einer »zentralen Datenbank für öffentlich gehandelte Aktien«. Damit soll der Wildwuchs der regionalen Börsenplätze Einhalt geboten werden. Nach dem Vorbild der USA wird die Liquidität gebündelt, werden Ausführungspreise verbessert und eine paneuropäische Transparenz realisiert. Auch Dark-Pools sollen hier integriert werden.

Welch Wunder wehren sich Börsenplätze und auch Banken als Betreiber von Dark-Pools vehement. Aktuell werden in der Finanzpresse Meinungsbeiträge geschaltet. Nach der Sommerpause soll der Entwurf öffentlich beraten werden. Kein Wunder, suchen die Börsenbetreiber die Öffentlichkeit.

Sollten die Pläne umgesetzt werden, sähen die Börsenplätze ihre angestammten Gebührenmodelle schwinden, dürften Banken den Orderflow nicht mehr entgeltlich Dritten anbieten und die Aktivitäten von Dark-Pools würden deutlich eingeschränkt.

Der Finanzplatz Europa würde deutlich aufgewertet, steigende Bewertungen für öffentlich gehandelte Dividendentitel eingeschlossen.

Frohes Eiersuchen

Die Finanzmarktaktivitäten ebbten in der Osterwoche fast genauso stark ab wie in der Weihnachtswoche. Wir nutzen dies für die Weiterentwicklung des «Marktplatzes für Handelsstrategien». Dieser Bericht ist deshalb etwas kürzer.

Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte. Das folgende charakterisiert den Status der Kapitalmärkte im Frühjahr 2023 recht treffend. Wehe ein Zug kommt aus der Gegenrichtung.

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Abbildung 4: impossible railway (quelle: midjourney)

Ressourcen

  • VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 in Bezug auf die Erhöhung der Marktdatentransparenz, die Beseitigung von Hindernissen für die Entstehung eines konsolidierten Datentickers, die Optimierung der Handelspflichten und das Verbot der Entgegennahme von Zahlungen für die Weiterleitung von Kundenaufträgena :: EU-Dokumentation
  • EU stock trading plans risk hurting small investors, warns Euronext CEO, FT 5.4.2023

  • Link zum iShares Renten-ETF