Eine neue Woche, neue Rekordstände, der Chef von Nvidia wurde über Nacht um eine Milliarde Dollar vermögender. Die nächste Rallyestufe zündet. Weltweit überbieten sich die Aktienindizes mit neuen Allzeithöchstmarken. Achtung: Es liegt Geld auf der Strasse. Wer nicht zugreift ist selber Schuld. Wegen der hohen Wachstumserwartungen sind die Aktien jetzt superbillig. Aber warum hat Warren Buffet gerade jetzt soviel Cash, wie nie zuvor?
Nvidia rockt
Niemals war das Vermögen in der Welt und auch an den Kapitalmärkten so konzentriert.

In der Abb. 1 ist die Rallye in der Berichtswoche nicht enthalten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Konzentration nun die des Jahres 1929 übersteigt.
Das bekannte Muster wurde auch in dieser Woche fortgeschrieben: Die Blue-Chips wurden gekauft – der S&P 500 ist um 1,8 Prozent gestiegen – während die MidCaps per Saldo Kursverluste verzeichneten (-1,4 %). Das Muster tritt in abgeschwächter Form auch in Europa auf: EuroStoxx 50: +2,24%, Stoxx 600: +1,15%.
Die Berichtswoche war zweigeteilt. Bis Mittwoch gingen die Notierungen kontinuierlich zurück. Dann lieferte Nvidia seine Quartalszahlen ab und die Korrektur wurde ad Acta gelegt.

Die positive Überraschung der Quartalszahlen von Nvidia wurde mit Käufen der Standardindizes beantwortet. Niemand macht sich mehr die Mühe, geeignete Profiteure der zugrundeliegenden Transformation auszuwählen. Im Zweifel profitieren alle Großunternehmen von den KI-Boom. Also reicht es, die großen ETF’s zu kaufen. Schließlich ist die Konzentration der vermeintlichen KI-Profiteure dort ja bereits viel höher, als jemals zuvor.
Billiges Geld lockt
Die Preisentwicklung an den Finanzmärkten steht in einem absurden Kontrast zur wirtschaftspolitischen Grundstimmung sowohl in den USA als auch in Europa. Besonders die immer neuen Rekordstände des DAX strafen den Büttenreden der Politiker:innen Lügen. Das von der Union in Deutschland gerade verhinderte sog. »ChancenWachstumsGesetz« ist angesichts der Börsenstimmung kein keynesianisches Konjunkturprogramm sondern eine prozyklische Intervention.
Fakt ist: Das kollektive Gejammer über zu hohe Energiepreise und mangelnder Wettbewerbsfähigkeit entbehrt jeder Grundlage.

Aber auch in den USA sind prozyklische Kräfte am Werk.
Die derzeitige Rallye kümmert sich nicht um die Marktzinsen. Zur Erinnerung: Der Leitzins beträgt in den USA 5,5 Prozent. Die Wachstumsprognose wurde gerade deutlich nach oben korrigiert. Die US-Volkswirtschaft dürfte um 3.2 % wachsen.
Da die Marktpreise nicht wegzudiskutieren sind, passen sich die »Experten« an:
- Der AI-Boom definiert einen neuen Kontradjew-Zyklus.
- Wir erleben eine umwälzende technologische Revolution.
- Die FED wird die Leitzinsen vor den US-Wahlen mindestens dreimal senken. Dann ist wieder genügend billiges Geld vorhanden.
- Die FED hat den US-Banken erlaubt, ihre Anleihebestände aus der Bilanz zu entfernen. Das setzt eine Zusatzliquidität über 430 Mrd. frei. Das ist nichts anderes als ein modernes Quantitative Easing.
- Im US-Wahlkampf geht es auch um »Show Me«, je besser der Aktienmarkt dasteht, desto schwieriger wird es für die Republikaner, dem Wahlvolk das Gespenst einer gescheiterten Wirtschaftspolitik zu präsentieren.
Auch in den USA sorgen nachgebende Energiepreise für mannigfache Phantasien.

Der Klimawandel macht es möglich: Die Verbräuche in den USA sind angesichts eines historisch warmen Winters kollabiert. Die Produktion ist offenbar weniger elastisch. Ein massives Überangebot an LNG ist die Konsequenz. Das senkt auch in den USA die Energiekosten für die Industrie.
Der eigentliche Schlüssel zum Verständnis der positiven Preisentwicklung bei Aktien scheint der unerwartete Preisverlauf bei Energieträgern zu sein. Der Winter, der nicht stattgefunden hat, beflügelt die Spekulation auf geringe Energiekosten, in vielen Bereichen ein maßgeblicher Ertragsbestandteil.
Die Rallye an den Aktienmärkten ruht folglich stabil auf verschiedenen Trägern.
Wer diese Wochenberichte kennt, weiss auch um die Konsequenzen dieser Aussage: Wenn
In den USA ist das Volumen für Absicherungsoptionen jüngst gestiegen. Einige decken sich mit – nun preiswerten – Versicherungen gegen Preisabschläge ein. Auch ist das »Smart Money« seit einigen Wochen massiv auf der Verkaufsseite aktiv. Dort nutzt man die aktuellen Preisniveaus, insbesondere der »Magnificent Five», zum Umschichten in interessantere Assets. In seinem »Brief an die Investoren« wird Warren Buffet recht deutlich: Trotz einer nie dagewiesenen Cash-Quote der Berkshire Hathaway sieht das Management keinen Grund für strategische Investments. Man parkt das Kapital lieber in US-Staatsanleihen.

Gleichzeitig werden als Kaufanreiz in den sozialen Netzen solche Graphiken herumgereicht:

Es wird das KGV mit der Gewinnerwartung verknüpft. Je höher die erwarteten Erträge, desto höher darf das aktuelle KGV heute ausfallen. Das ermöglicht der Sell-Side jeden Aktienkurs als angemessen oder sogar als Kaufgelegenheit anzupreisen. So »überzeugt« man die Retail-Kunden, die Stücke des Smart-Moneys zu Spitzenpreisen zu erwerben.
Fazit
Das Rallye-Muster trägt immer mehr Zeichen einer Übertreibung. Die Konzentration auf die USA, dort auf
genau fünf hochkapitalisierte Aktien die in jedem passiven Depot übergewichtet sind, führt dort zu einer
absurden Kapitalkonzentration. Noch sind die Korrelationen aber in Takt. Auch in anderen Industriestaaten
notieren die Aktienindizes auf Allzeithöchstständen. Dort tritt aber der Grad der Spekulation viel deutlicher
zu Tage. Die deutsche Volkswirtschaft zum Beispiel wird 2024 als Ganzes allenfalls stagnieren. Die aktuellen
Marktpreise laufen einer möglichen positiven Konjunkturentwicklung diesmal sehr weit voraus.
Die jüngsten Insider-Verkaufsstatistiken sprechen eine deutliche Sprache: Wir sind in der Phase, wo Aktien
von den sog. »starken Händen« an das Retail-Publikum abgegeben werden.