The Microsoft Project

Der AI-Markt vibriert eruptiv. Der Kampf um Talente und potenziell disruptive Projekte ist vollends entbrannt.
Die Giganten der Szene schließen sich zusammen, um einen humanoiden Roboter zu bauen. Das sind tolle Nachrichten, insbesondere für Aktionäre vom Micosoft und Nvidia. Auf die Aktienkurse hat das aber keinen Einfluss mehr.
Zeitgleich flackert der Titelzeilenindikator auf. Markiert der Monatswechsel den Abschluß der Rallye?

Wochenbericht 9/24 Stuttgart, 02. Mar. 2024

Weich und Winzig vs. Groß und Innovativ

Die freie Übersetzung für Microsoft lautet »Weich und Winzig«. So bezeichneten die Unix-, Commodore- und Atari-Nerds den Hersteller klobiger Hardware und wenig stabiler Software in den 1980ern. Bereits 1977 brachte Alan Parsons das epische Album I Robot heraus, das diesen Wochenbericht schmückt. (Das Coverbild wirkt bei kleinen Fensterdiagonalen am Besten.)

Mistral

Eine der Top-Stories dieser Woche: Microsoft wird Anker-Investor bei Mistral.
Damit entsteht ein europäischer AI-Cluster: Paris(Microsoft/Mistral) – Heidelberg(Aleph Alpha) und Düsseldorf(Microsoft/OpenAI). Wer den Newsflow von Microsoft verfolgt hat, ist möglicherweise über das explizite Lob für die AI-Strategie von SAP auf der Bilanz-Pressekonferenz gestolpert. SAP ist implizit ein Teil dieses Clusters.

Die Gründer des französischen AI-StartUp’s sind Ex-Führungskräfte von Meta und Google. Man könnte die strategische Beteiligung Microsofts auch als Coup gegen die Konkurrenz aus dem Silicon-Valley ansehen.

Mistral ist kaum ein Jahr alt. Im Dezember konnten 435 Mio. € Risikokapital eingeworben werden. Die Firma war vor dem Microsoft-Engagement mit 2 Mrd. € bewertet. Es ist (noch) unklar, wie hoch das Investment Microsofts ist. Kurzfristig hat Microsoft einen weiteren Großkunden für seine Azure-Cloud akquiriert.

Mistral, SAP und Aleph Alpha eint der Fokus auf sichere, business- und behördentaugliche AI-Systeme. Mit dem Doppel-Engagement in Europa (Datencenter + Research-Hub) will man wohl die Wettbewerbshüter aus Brüssel bezüglich des marktbeherrschenden Charakters der OpenAI-Beteiligung gnädig stimmen.

Figure AI

Den Namen merkt man sich besser. Microsoft, Nvidia und OpenAI haben sich zusammen getan, um gemeinsam Roboter zu bauen, humanoide Roboter. Mehr Marktmacht, größere F+E-Budgets sind kaum vorstellbar. Mit dem Projekt wollen die drei Firmen (zusammen mit einem ganzen Strauß hochkarätiger Venture-Kapitalgeber und progressiver Family Offices) die Idee einer Artificial General Intelligence (AGI) in die Praxis tragen.

Roboter mit dieser Eigenschaft können normale Mitarbeiter ersetzen.

BMW ist ein prominenter Kunde der ersten Stunde. Für ein US-Werk hat der Familienkonzern aus Deutschland Figure-AI-Roboter bestellt. Man darf gespannt sein, ob und wann sich die Experimentierfreude der Manager in diesem Punkt auszahlt.

Für Nvidia, OpenAI und Microsoft sind sowohl die strategischen wie auch die taktischen Vorteile evident. Microsoft hat den nächsten Großkunden für seine Azure-Cloud geworben, Nvidia sichert sich seinen technologischen Vorsprung vor der Konkurrenz der Chiphersteller. OpenAI kann sein strategisches Ziel, die AGI, im Feldversuch testen.

Apple – ohne AI

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Abbildung 1: Nasdaq(QQQ, der ETF) und Apple(Blau) im direkten Vergleich

Während Meta und Microsoft von einem Erfolg zum nächsten eilen und die Aktienkurse dem Newsflow bei Microsoft kaum hinterherkommen, sind bei Apple Molltöne angesagt. Warren Buffet reduziert sein Engagement. Open-AI hat einen AI-App-Store eröffnet, der dem Apple-App-Store für normale Applikationen ziemlich nahe kommt. Apple hat zwar gerade eine hochkomplexe Datenbrille auf dem Markt gebracht. Nach anfänglicher Euphorie hagelt es nun Kritik. Seit Monaten kündigt Apple eigene AI-Agenten an – Google schafft es zumindest Halbfertigprodukte marktreif zu entwickeln. Zuletzt machte Apple mit der Ankündigung Schlagzeilen, seine Ambitionen fürs Autonome Fahren ad Acta zu legen. Gerade jetzt, möchte Hieronymus spontan einwerfen, jetzt wo die Fortschritte AI-getriggert gigantisch sein könnten. Die Schließung zeigt, dass Apple keine Chance sieht, die offensichtlichen Potenziale selbst zu erschließen. Ein Armutszeugnis für den ehemals wertvollsten Konzern der Welt. Zeitgleich kündigten Nvidia, Microsoft und Bosch an, gemeinsam ai-unterstützte Fahrassistenten zu entwickeln.

Die Konsequenz ist schön in der Abb. 1 sichtbar: Der Aktienpreis divergiert signifikant zum allgemeinen Markt. Der Preisverlauf der Google-Aktie sieht übrigens ähnlich aus. Dort realsieren die Investoren, wie rasch die Cash-Cow »Suchmaschine« ohne exzellente AI-Integration in die Bedeutungslosigkeit abgleitet.

Europäischer Emissionshandel funktioniert nicht

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Abbildung 2: Preisentwicklung für CO2-Verschmutzungsrechte

Es ist das Feigenblatt-Projekt der hiesigen FDP: der europäische CO2-Emissionshandel. Gemäß der neoliberalen Maxime soll allein der Preis für CO2-Emissionen unsere Indutriegesellschaft ohne künstliche Markteingriffe (wie z.B. Steuern) dekarbonisieren.

Der aktuelle Preischart zeigt die bittere Wahrheit: Der Preis für Verschmutzungsrechte hat sich innerhalb der letzten 12 Monate fast halbiert. Welchen Anreiz setzt dieser Emissionshandel? Das ist eher eine Einladung, hemmungslos mit Verschmutzungsrechten zu spekulieren als die Prozesse auf einen planbar kontinuierlich steigenden Marktpreis auszurichten. Hieronymus ist gespannt, welche Ausreden den Herren von der FDP nun einfallen, selbst diese Entwicklung schönzureden.

Titelseitenindikator

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Abbildung 3: Coverbilder aus dem Feburar 2020 und aktuell

Die Frage, ob die derzeitige Preisentwicklung an den Aktienmärkten eine Übertreibung darstellt oder fundamental begründet ist, wird breit diskutiert. Die Sell-Side sagt natürlich »Nein«, Investments am Allzeithöchstpreis eines Assets sind extrem schlau. Wirkliche Bären sind abseits von derartigen Plattitüden aber nicht zu finden. In den letzten Ausgaben dieser Wochenberichte wurden einige Aspekte der aktuellen Preisentwicklung diskutiert. Es werden wieder fragwürdige Indkatoren benutzt, um die Preisentwicklung zu rechtfertigen. Die Marktbreite ist gering, die Oligopolbildung ist weit fortgeschritten.
In der letzten Woche konstatierte Hieronymus, dass sich das Smart-Money aus dem Markt verabschiedet.
In dieser Woche flackert der Titelzeilenindikator auf. Der Economist schlägt einmal mehr zu und hievt die Rallye auf die Titelseite. Im Jahr 2020 trafen die Redakteure das Markthoch ziemlich genau.

Zum Monatswechsel konnten die US-Aktienmärkte nochmals neue Allzeithöchststände ausweisen. Auch der EuroStoxx 50 lief intraday an die Marke bei 4.900 heran. Aber bereits der marktbreite Stoxx 600 vollzog die Preisentwicklung nicht mehr nach.

Auch die Microsoft-Story stottert. Trotz des positiven Newsflows stagniert der Aktienkurs.

Eine goldene Regel sagt: Trends enden nicht in Skepsis sondern in Selbstüberschätzung.

Objektiv gibt es keine Gründe, weshalb der Aktienpreis von Microsoft sinken sollte. Das Unternehmen hat eine überbordene Marktmacht, eine gut gefüllte Kriegskasse und hervorragende Perspektiven. Und dennoch vollzieht dieser Wert die allgemeine Marktentwicklung nicht mehr 1:1 nach. Apple und Alphabet zeigen sogar veritable Abwärtsmomente.

Der Aktienpreis von Microsoft dürfte nun ein paar Monate stagnieren. Große Preissprünge sind nicht zu erwarten.

Gleiches gilt für den Gesamtmarkt. Mit dem Monatswechsel hat der US-Aktienmarkt eine tolle YTD-Performance erzielt und im Grunde bereits die übliche Gesamtjahrespreisentwicklung vollzogen. Nun ist es an der Zeit, durch zu atmen. Größere Korrekturen sind kaum zu erwarten. Saisonal sind die Märkte noch bis in den April hinein unterstützt.

Handelssysteme

Im Januar kletterten die Notierungen moderat. Das Estx-Handelssystem war profitabel. Im Februar verstärkte sich der Trend. Durch massive Reduktion der Preisrisiken gelang es, das Handelssystem zu stabilisieren. Nun ist es an der Zeit, das System wieder auf den Normalmodus zurückzustellen.

Hieronymus

bereitet die Handelssysteme auf eine langweilige, zähe Periode an den Kapitalmärkten vor. Diese Zeiten sind für den Systemhandel prädestiniert.

Das passive ASX-Handelssystem wurde auch wegen der Zeitumstellung (der Handel in Sydney endet um 6 Uhr in der früh) zurückgefahren. Hier ist ein erneuter Positionsaufbau geplant.

Der Stillhalterhandel pausiert mangels adäquater Risikoprämien weitgehend. Sobald sich Chancen zeigen, wird der Systemhandel intensiviert.